3D-Audio – Workflows für binaurale Produktionen
3D-Audio ist für viele Konsumenten über Kopfhörer leicht verfügbar und „immer dabei“. Das Angebot an Content mit immersivem Ton wie Film oder Musik nimmt stetig zu. Welche Begriffe und Formate es zu unterscheiden gilt, und wie 3D-Audio produziert werden kann, erklärt unser Experte Uwe Krämer.
Herr Krämer, was bedeutet 3D-Audio – und meint „immersive“, „spatial“ und „binaural audio“ das Gleiche?
Uwe Krämer: Immersive Audio und Spatial Audio sind Synonyme für 3D-Audio und stehen für die 3-dimensionale Wiedergabe von Klängen mit dem Ziel, Zuhörer*innen mitten in das Klanggeschehen hineinzunehmen. Die Rezipienten können Schallquellen aus allen Richtungen und Entfernungen lokalisieren, Bewegungen wahrnehmen und sind vom Raum bzw. der Atmosphäre (Beifall, Atmo, etc.) völlig umhüllt. Der Begriff „binaural“ drückt im Prinzip das Gleiche aus, meint jedoch die ausschließliche Wiedergabe über Kopfhörer (binaural: hören mit beiden Ohren). Ein großer Vorteil bei Binaural Audio ist die echte 360°-Wahrnehmung von Schallquellen und nicht nur eine halbkugelförmige, wie es bei Lautsprecherwiedergabe der Fall ist.
Welche Auswirkungen hat es, dass Nutzer*innen Inhalte zunehmend mobil bzw. über Kopfhörer konsumieren?
Uwe Krämer: Laut Statistik wird heute ca. 90 % der Musik mobil bzw. über Kopfhörer konsumiert und auch bei den anderen Genres (Podcasts, Hörspiele, Filme, etc.) ist ein solcher Trend festzustellen. Daher liegt es nahe, binauralen Content anzubieten und konsequenter Weise auch mittels Kopfhörer zu produzieren. Stichwort „Mixing in the box“: Laptop, Kopfhörer, die entsprechende Software – und los geht`s. Das hat in der Produktion viele Vorteile wie z.B. unabhängig zu sein vom Ort bzw. Raum. Teure Studioräume und -lautsprecher entfallen und trotzdem kann man produzieren.
Kann etwas dabei schiefgehen, ausschließlich über Kopfhörer zu produzieren?
Uwe Krämer: Bei der Produktion von 2D-Audio für Lautsprecherwiedergabe – ja. Hier bedarf es einiger Erfahrung, damit nach dem fertigen Kopfhörermix bei der Lautsprecherwiedergabe nicht die große Enttäuschung kommt. Durch Virtualisierung von Lausprecher-Setups und Räumen sowie verschiedener Tools können Produzierende diese Probleme minimieren – z.B. durch Plug-ins wie dearVR Monitor, Virtuoso, WavesNx, Can Opener Studio oder auch andere „Binauralisierer“. Vorteilhaft bei der Erstellung von 3D-Audio-Material für Kopfhörer mit Kopfhörer ist, dass wir genau das hören, was auch der Kunde hört.
Komplexer wird es erst, wenn die 3D-Wiedergabe nicht nur binaural, sondern auch über Lautsprecher-Setups funktionieren soll. Da heißt es: hören, beurteilen, entscheiden. Wir schauen deshalb auch auf Ambisonics, MPEG-H und Dolby Atmos und deren „Spielregeln“.
Nutzen Sie im Seminar spezielle Software oder kann man auch mit „Bordmitteln“ arbeiten?
Uwe Krämer: Das hängt davon ab, welche Workstation im Einsatz ist und für welches Zielformat man produzieren möchte: Soll es ausschließlich binaural, d.h. für Kopfhörer sein, so wird man sich für einen oder mehrere Binauralisierer entscheiden. Soll die Wiedergabe zusätzlich auch für die Lautsprecherwiedergabe optimiert sein, wird man zu Ambisonics oder NGA-Verfahren (Next Generation Audio) greifen, wie Dolby Atmos oder MPEG-H und den entsprechenden Tools.
Im Seminar verwenden wir u.a. die Plug-ins dearVR Pro, Spatial Audio Designer, Spacelab Ignition, Ear Production Suite, diverse externe und interne Dolby-Atmos-Renderer und die Workstations Pro Tools, Nuendo, Logic Pro X und Reaper.
Zusätzlich erfolgt das Training mittels Blended-Learning-Einheiten (hier ein Auszug), die sowohl im Seminar als auch nach Seminarende zuhause benutzt werden können.
Was sollte man wissen, um 3D-Audio mit Kopfhörer produzieren zu können?
Uwe Krämer: Es gibt viele Möglichkeiten, um 3D-Audio mit Kopfhörer zu produzieren. Aus meiner Erfahrung ist es wichtig erst einmal binaurale Hörerfahrungen zu sammeln, unabhängig vom 3D-Audioformat, und aus der Vielzahl von Tools das für sich richtige zu finden sowie den dazugehörigen Workaround.
Dann wird man feststellen: Je tiefer man gräbt, umso mehr Fragen tun sich auf: Benötige ich 3D-Effekte? Welche Rolle spielt Headtracking? Gibt es klangliche Unterschiede bzgl. diverser Renderer? Welche künstlerischen Möglichkeiten und deren Umsetzung gibt es? Was ist mit Upmix-Tools? Und einige mehr.
Zum Schluss, wohin geht die Entwicklung?
Uwe Krämer: Egal welches 3D-Audioformat sich auf den Markt letztendlich durchsetzen wird, sollte man spätestens jetzt mit 3D-Audio anfangen, um eigenes Know-how aufzubauen. Der Zug ist bereits losgefahren: es wird immer mehr Content in 3-D Audio produziert – Podcasts, Musik, Film, etc.
Viele Dank für das Gespräch.
Autor: Sven Dütz

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