Corona als Change?
Die Corona-Krise verändert gerade vieles – und weist Ähnlichkeiten zu Change-Prozessen auf, sagt unser Trainer Johannes Friedrich Reichert, der seit Jahren kleine und große Veränderungsprozesse in Redaktionen, Abteilungen und Sendern begleitet.
Sie vergleichen den Umgang mit der Corona-Epidemie mit einem klassischen Change-Prozess – inwiefern?
Johannes Friedrich Reichert: Wie bei vielen Change-Prozessen trafen die Auswirkungen von Corona die meisten Betroffenen sehr unvorbereitet. „Veränderung? Ja, aber so schnell, so massiv?“ Die Anpassungsreaktionen erforderten z.T. starke Verhaltensumstellungen, einen Bruch mit gewohnten Bewertungen und Routinen im Alltag.
Und die Reaktionen der Bevölkerung – von Schock über Widerstand, Verhandeln, Resignation, Akzeptanz, Einüben neuer Verhaltensweisen - entsprachen dem Verlauf der ‚Change-Kurve‘ von Kübler-Ross sehr weitgehend. Wir sind ja noch mittendrin …
Was bedeutet das für die Führungsaufgaben von Politik und Medien?
Johannes Friedrich Reichert: Die zentralen Handlungsempfehlungen für Führungskräfte aus der ‚Change-Kurve‘ sind: Sage, was ist, beschönige nichts, halte an deinem Ziel fest, entwerfe das Bild einer attraktiven Zukunft, beschreibe den gemeinsamen Weg dahin möglichst konkret, suche das Gespräch und höre zu, steuere nach … Das gelang unter den spezifischen Corona-Bedingungen, in denen niemand sich auf gesichertes Wissen beziehen konnte, nicht immer gut. Die Politik war sehr direktiv, die Medien folgten der Regierungslinie z.T. zu unkritisch.
Das wichtigste Element in einem Veränderungsprozess – Vertrauen in die Führungskräfte VOR der Veränderung – war offenbar nicht ausreichend vorhanden.
Welche Rolle spielt Empathie dabei und was empfehlen Sie?
Johannes Friedrich Reichert: Sie ist die Schlüsselkompetenz vor allem für Medien. Wenn ich die Fragestellungen und Bedürfnisse meiner Kunden nicht verstehe (durch Medienforschung, Design Thinking usw.) kann ich für sie nicht Teil der Lösung sein, sende an ihnen vorbei und erzeuge Abwehr.
Das ist besonders dramatisch in einer so existenziellen Bedrohung wie Corona mit den so unterschiedlichen individuellen Auswirkungen. Ein Change-Verständnis hätte Journalisten helfen können, die jeweils wichtigen Anliegen zu identifizieren.
Die Polarisierung und Radikalisierung der Haltungen vor allem in Social Media ist für mich ein Zeichen dafür, dass es Politik und Medien nur begrenzt gelang, eine gemeinsame Wirklichkeit herzustellen.
Was es braucht? Mehr Fragen, weniger Antworten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Fragen zu Workshops für Newsroom-Einführungen, digitale Umbauten und kreative redaktionelle Produktentwicklung beantwortet Ihnen gern Simone Stoffers: s.stoffers@ard-zdf-medienakademie.de
Autorin: Simone Stoffers

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