„Eine unterstützende Gruppendynamik ist kein Zufallsprodukt“
Ob virtuell im Team-Meeting oder in abteilungsübergreifenden Projektgruppen – viele Arbeitsprozesse finden innerhalb einer Gruppe statt. Unser Trainer und Experte Sven Janka erklärt, warum gruppendynamische Kompetenz immer wichtiger wird, und wie man mit Gruppenprozessen besser umgehen kann.
Herr Janka, Sie beschäftigen sich mit angewandter Gruppendynamik – was können wir uns darunter vorstellen?
Sven Janka: Der Begriff Gruppendynamik wird im allgemeinen Sprachgebrauch oberflächlich verwendet. Sportreporter verwenden in Analysen häufig die Phrase „die haben eine schlechte Gruppendynamik“. Was das aber genau bedeutet und was geändert werden soll, bleibt unklar. Mein Ziel ist es, gruppendynamische Prozesse verständlicher, greifbar und reflektierbar zu machen. Nur so können wir auch Einfluss nehmen. Eine unterstützende Gruppendynamik ist kein Zufallsprodukt.
Inwiefern hängt das Ergebnis eines Projekts oder die Leistung eines Teams von der „Chemie“ innerhalb einer Gruppe ab?
Sven Janka: Eine gute „Chemie“ schadet nicht, bringt aber auch Gefahren mit sich. Verlässt man sich zu sehr auf gewachsene Beziehungen, können sich Fehler einschleichen, die meist erst spät erkannt werden. Die Vorstellung, man müsse sich mögen, gar befreundet sein, um unterstützende Gruppenprozesse zu haben, ist falsch. Um am Beispiel vom Sportreporter zu bleiben: Hier wird manchmal empfohlen, die Mannschaft sollte doch gemeinsam ein Bier trinken gehen. Das hilft vielleicht bei Beziehungen, bei einer tieferen Entwicklung der Gruppe meisten jedoch nicht.
Viele von uns arbeiten heute virtuell oder in hybrider Form zusammen – führt das zu Unterschieden in den Dynamiken im Vergleich zu Präsenzformen?
Sven Janka: Auf jeden Fall. Die virtuelle Gruppe wird aktuell noch erforscht, da ist es schwer verlässliche Aussagen zu treffen. In der hybriden Form erleben wir viele Untergruppen und auch den (häufig ungewollten) Ausschluss von Gruppenmitgliedern. Den Gruppenmitgliedern, die nicht vor Ort sind, fehlt häufig die Anbindung. Das zeigt sich in der Meeting-Kultur, bei informellen Themen aber besonders bei der Informationsweitergabe. Gruppen, die sich physisch sehen, können mehr Informationen austauschen. Das gilt es in der hybriden Form zu beachten, so dass man klar feststellen kann, dass eine gruppendynamische Kompetenz immer wichtiger wird.
Angenommen ich bin Teil einer Abteilung oder leite ein kleines Projekt-Team – welche 3 Aspekte können mir helfen, Gruppenprozesse besser zu verstehen?
Sven Janka:
- Sich selbst fragen: Wie geht es mir in der Gruppe?
Sie verstehen am meisten über ihre Gruppe, wenn sie ihre Wahrnehmung schulen. Als Beispiel das Phänomen „Gruppendruck“, was jeder kennt. Vor dem „Herdenverhalten“ kommt das Gefühl, sich anzupassen. Die Kunst ist es, das Gefühl wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Bei komplexeren Phänomenen wird leider auch die Wahrnehmung herausfordernder. - Sorgen Sie für eine Reflexion in der Gruppe
Bei den agilen Methoden wird das als „Retro“ bezeichnet. Reflektieren Sie die Zusammenarbeit und sprechen Sie Störungen früh an. - Sorgen Sie für klare Rollen und Verantwortlichkeiten in Projekten
Überlassen Sie nicht alles der Gruppendynamik.
Viele Dank für das Gespräch.
Sven Janka ist seit 2006 als Trainer, Berater und Coach tätig und begleitet Organisationen mit seinen Schwerpunkten Führungsmethoden, Persönlichkeitsentwicklung, Zusammenarbeit und Teamentwicklung.
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