Roboter, Algorithmen und KI im Journalismus (Symbolbild)

Künstliche Intelligenz – Warum nicht jeder programmieren lernen muss

Roboter, die Wetterberichte und Sportmeldungen schreiben, Netflix-Serien, die auf Geschmacksdaten der Nutzenden basieren, Videobeweise und grafisch aufbereitete Echtzeit-Statistiken im Fußball – Algorithmen haben längst Einzug in den journalistischen Alltag gehalten.

Und sie werfen viele Fragen auf: Wie wird KI den Journalismus verändern? Welche Auswirkungen haben automatisierte Prozesse auf die Meinungsbildung? Oder auch: Müssen jetzt alle Journalisten programmieren lernen? Sicherlich nicht (wobei ein Einblick nie schadet). Um für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz im Journalismus gewappnet zu sein, werden drei andere Fähigkeiten interessant werden:

1. Anti-Bias – sich unbewusste Vorurteile bewusst machen

Schon im normalen journalistischen Alltag ist es hilfreich, sich seiner unbewussten Vorurteile bewusst zu werden oder z.B. den Sprachgebrauch und das Framing von Agenturen und O-Ton-Gebern kritisch zu hinterfragen. Das gilt auch für KI: Damit Algorithmen lernen, Muster in großen Datenmengen zu finden, werden sie mit Datensätzen trainiert. Aber Algorithmen sind nicht neutral: Diese Trainingsdatensätze können Vorurteile widerspiegeln. Selbst der Chef der KI-Abteilung von Google, John Giannandrea, warnt davor, dass Menschen dem Urteil des vermeintlich neutralen Computers blind vertrauen. Gleichzeitig wird die Welt nicht einfacher – weshalb ein anderer Aspekt, zum Beispiel im Umgang mit Nutzungsdaten entscheidend sein wird:

2. Komplexität verständlich machen

Die Berichterstattung zur Griechenlandkrise oder zum Brexit hat gezeigt: Nicht nur eine gute Story ist wichtig, sondern auch die spannende, vor allem aber verständliche Vermittlung. Das gilt besonders in einem Markt, der sich in immer mehr einzelne Ausspielwege für verschiedene Informationsbedürfnisse der Nutzenden aufteilt. Im Vorteil ist, wer komplexe Inhalte sinnvoll auf relevante Einzelfragen herunter brechen kann. Mit Hilfe von personalisierten Daten können Journalist*innen diese Informationen dann mit dem Wissensstand des Publikums abgleichen und die geeignete Form der Vermittlung finden – unabhängig von Ausspielwegen.

3. Statistiken und Studien verstehen

Hand aufs Herz: Nicht jedem Journalisten fällt es leicht, zum Beispiel Korrelation und Kausalität auseinanderzuhalten. Wer in der Lage ist, Statistiken, Studien und die Manipulationsgefahren richtig zu verstehen und einzuordnen hat gleichzeitig das beste Mittel gegen selbstproduzierte oder weiterverbreitete Falschmeldungen. Das Verstehen von logischen Regeln ist auch die Basis zur Einordnung von Daten, die ein Algorithmus liefert, zum Beispiel um die richtigen Fragen in einem Datenjournalismus-Projekt zu stellen.

Je öfter Redaktionen Algorithmen verwenden, desto wichtiger werden in Zukunft diese drei Aspekte. Zum Beispiel um herauszufinden, nach welchen Promis oder Themen Nutzende in Mediatheken suchen, wann sie welche Nachrichten in welcher Informationstiefe mit welchem Vorwissen auf welchem Gerät brauchen, oder in welche Richtung gerade bestimmte Trends gehen.

Autorin: Simone Stoffers

Simone Stoffers
Fachgebiets­leitung Digitale Strategie, Crossmedia, Online und Social Media
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