Dr. Stefanie Hiestand und Dr. Maren Baumhauer

Moderne Lernformen – ein Eingriff in die Unternehmenskultur

„Wird das Lernumfeld heutzutage aktiv gestaltet oder lassen wir uns treiben von dem, was die Technologien vorgeben?“ – das war eine der Fragen, mit der sich eine ‚Studentische Tagung‘ an der Leibniz Universität Hannover zu neuen Arbeits- und Lernherausforderungen beschäftigte.

Martina Lenk sprach am Rande der Tagung mit Dr. Stefanie Hiestand und Dr. Maren Baumhauer, den Initiatorinnen der Veranstaltung am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung.

Lenk: Sie bringen mit dieser Tagung die Studierenden und die Unternehmen der Region zusammen – ein spannendes Konzept. Was hat Sie dazu bewogen?

Hiestand: Die Arbeits- und damit auch die Lernwelt verändern sich so rasend schnell, dass wir an einem dauernden Abgleich interessiert sind: Was treibt die Unternehmen um? Wo zeichnen sich neue Forschungsfelder ab? Und die Unternehmen wiederum diskutieren mit der Generation Y – unseren Studierenden – neue Herausforderungen für das Lernen in der Arbeitswelt. Das bringt beiden Seiten etwas.

Lenk: Was ist aus Ihrer Sicht eine zukunftsfähige Lernkultur?

Baumhauer: Das ist zunächst erstmal der Erwerb einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz; dazu gehören die Fach-, Sozial-, Personal-, Methoden- und die – noch zu differenzierende – digitale Kompetenz.

Das alles wird in einer „Mixed Reality“ über die Verbindung von Arbeiten und Lernen erworben. Und für diese Lernformen müssen in den Betrieben gemeinsam mit dem Bildungspersonal didaktische Konzepte entwickelt werden. Dabei sollte der Lernende seine Lernsituation selbst steuern können und erfahrungsbezogen handeln und lernen. Der Lehrende hat dabei vor allem die neue Rolle des Beraters, Prozessbegleiters und Coaches.

Lenk: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell in der betrieblichen Fortbildung?

Hiestand: Es wird so viel Geld für Fort- und Weiterbildung ausgegeben wie nie zuvor, aber wir beobachten häufig, dass das Lernumfeld nicht aktiv für die modernen Anforderungen – wie eben beschrieben – entwickelt und bereitgestellt wird. Wenn der Lernende auch Lehrender sein soll, ist das in Unternehmen ein erheblicher Eingriff in die Kultur.

Außerdem geistern Modelle wie das 70-20-10-Modell in vielen Betrieben herum, die wissenschaftlich nicht fundiert sind und Studien sogar das Gegenteil beweisen. Es gibt aber auch Defizite bei der Gesetzgebung: Wir benötigen Zertifizierungsverfahren und Zertifikate, die das Lernen in der Arbeit dokumentieren und damit zu einer echten Bewerbungsunterlage werden.

Autorin: Martina Lenk

Martina Lenk
Geschäftsbereichs­leitung Programm und Gestaltung // Leitung Unternehmens­kommunikation
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