Dennis Horn – Foto: WDR/Annika Fußwinkel

Wie funktioniert Mastodon und sollten Medienhäuser es nutzen? 

Nicht zuletzt seit Elon Musk angekündigt hatte, Twitter zu kaufen, tauchte Mastodon mal wieder als alternatives Soziales Netzwerk in den Medien auf. Wie funktioniert es, und für wen ist es eine echte Alternative? Eine Einordnung von unserem Trainer, dem Digitalexperten Dennis Horn.

Wie funktioniert Mastodon? 

Dennis Horn: Mastodon sieht auf den ersten Blick aus wie eine Kopie von Twitter. Nur dass der Vogel hier ein Elefant ist, die Tweets hier Toots (von "tröten") heißen, und mir statt 280 Zeichen hier 500 Zeichen pro Posting zur Verfügung stehen.

Aber im Hintergrund funktioniert Mastodon anders als Twitter: Es ist dezentral, hinter der Plattform steckt kein einzelnes Unternehmen, das den kompletten Betrieb auf seinen Servern zusammenzieht. Stattdessen können Nutzerinnen und Nutzer eigene Server aufsetzen, die sich dann "Instanzen" nennen und zum Betrieb von Mastodon beitragen. Finanziert werden diese Instanzen oft privat oder durch Spenden.

Mastodon ist damit Teil eines Gegenentwurfs zu den großen Plattformen aus dem Silicon Valley: dem Fediverse mit einer ganzen Reihe freier und dezentraler Alternativen, auch zu Facebook, YouTube oder Instagram.

Sollten Medienhäuser auf Mastodon unterwegs sein?

Dennis Horn: Offen gestanden: Ich bin unentschieden. Ich halte es definitiv für sinnvoll, sich mit Mastodon und anderen Angeboten im Fediverse auseinanderzusetzen – und sich von den furchtbaren Namen dieser Plattformen nicht abschrecken zu lassen. Es stünde vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut zu Gesicht, sich zu fragen: Wie kann eine Alternative zu den Plattformen aus dem Silicon Valley aussehen, die so viele Gefahren für die Privatsphäre, die Gesellschaft und die Demokratie bedeuten?

Auf der anderen Seite haben wir als Medienanbieter den Auftrag, die ganze Gesellschaft zu erreichen – aber Mastodon ist bisher eine Geisterstadt. Hier hält sich definitiv nicht die Breite unserer Nutzerschaft auf – die ist ja noch nicht einmal bei Twitter unterwegs, auch das ist ein Nischenmedium.

Wie könnte die Arbeit einer Redaktion auf Mastodon aussehen? 

Dennis Horn: Wir könnten schon viel gewinnen, wenn wir andere Plattformen überhaupt erst einmal austesten. Ich kann mir vorstellen, dass Entwicklungs- und Innovationsteams gezielt testen, was auf Mastodon möglich ist – vielleicht mit Angeboten, die sich inhaltlich an die wenigen Menschen richten, die schon heute auf der Plattform unterwegs sind. Damit das funktioniert, müssten wir auf jeden Fall mehr tun, als mit einem Automatismus all unsere Tweets zu Mastodon durchzuschleifen. Es bräuchte dort wahrscheinlich ein eigenständiges, komplementäres Angebot.

Und wir könnten mit eigenen Instanzen vielleicht Erkenntnisse sammeln, die über Mastodon hinausgehen. Schließlich sprechen wir jetzt schon länger darüber, ob es nicht auch eine eigene öffentlich-rechtliche Plattform bräuchte.

Gibt es praktische Tipps, wenn man es ausprobieren möchte?

Dennis Horn: Wie immer: einfach anfangen und ausprobieren. Ein Account auf der zentralen Instanz mastodon.social ist innerhalb weniger Minuten angelegt. Und es braucht wie so oft nur ein, zwei Stunden, um sich so reinzuarbeiten, dass man mitreden kann. Wer Twitter kennt, beherrscht auch Mastodon sehr schnell.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bei inhaltlichen Fragen berät Sie gern Simone Stoffers: s.stoffers@ard-zdf-medienakademie.de.

Simone Stoffers
Fachgebiets­leitung Digitale Strategie, Crossmedia, Online und Social Media
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